Dashcams/Crashcams – per se verboten?

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Dashcams, das sind die kleinen Kameras am Armaturenbrett bzw. an der Windschutzscheibe im Fahrzeug, die zwangsläufig auch andere Verkehrsteilnehmer filmen und vorwiegend zur Beweissicherung bei Verkehrsunfällen zum Einsatz kommen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht sind sie – vor allem wegen dem anlasslosen Aufzeichnen des öffentlichen Bereichs – grundsätzlich nicht zulässig. Darüber ist man sich in Österreich und Deutschland einig.[1]

Jedoch ist die Videoüberwachung öffentlicher Orte durch Private innerhalb der in der DSGVO bzw. im DSG vorgesehenen Grenzen erlaubt und nicht generell unzulässig.[2] Unter welchen Voraussetzungen könnte der Einsatz einer Dashcam bzw. einer Crashcam möglich sein?

Dashcams vs. Crashcams

Vorweg ist zwischen Dashcams (Dashboard Camera) und Crashcams (Unfallkamera) zu unterscheiden. Während Dashcams kontinuierlich („endlos“) aufzeichnen, speichern sog. Crashcams das Bildmaterial nur in einem zeitlich knapp bemessenen Zeitraum um einen Anlassfall, der etwa durch abruptes Abbremsen oder durch eine Erschütterung des Fahrzeugs eingeleitet wird.

Ein weiterer Unterschied ist, dass Dashcams meist eine hohe Auflösung ermöglichen und so die Identifizierung von Personen und Kennzeichen im näheren Umfeld erlauben, während Crashcams bewusst Kameras verwenden, die eine Identifizierung nur dann erlauben, wenn sich Objekte in unmittelbarem Nahebereich zum Fahrzeug befinden.[3]

Verarbeitung personenbezogener Daten

Dass es sich bei der Aufnahme von Videomaterial um eine Verarbeitung iSd Art 4 Z 2 DSGVO handelt, liegt auf der Hand. Ebenfalls handelt es sich unzweifelhaft um personenbezogene Daten, sobald lebende Menschen oder Fahrzeuge mit Kennzeichen in den Fokus von Dashcams und/oder Crashcams gelangen und somit ein Rückschluss auf natürliche Personen möglich ist. Die Regeln der DSGVO sind somit grundsätzlich anwendbar. Es ist also die Frage zu klären, ob eine Dashcam/Crashcam nach den neuen datenschutzrechtlichen Vorschriften zulässig sei.

Videoaufzeichnung nach der DSGVO

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten natürlicher Personen anwendbar. Ausnahmen des sachlichen Anwendungsbereichs sind im Art 2 DSGVO geregelt und greifen va. für Verarbeitungen im ausschließlich privaten oder familiären Umfeld. Der Zweck der Beweissicherung bei Verkehrsunfällen fällt – anders wie der Einsatz von Freizeitkameras, die ausschließlich zu privaten Zwecken eingesetzt werden und die Landschaften, die Skitour oder die gefahrene Motorradstrecke abbilden – dabei nicht in diese Ausnahme, wodurch man sich nicht auf die sog. Haushaltsausnahme stützen kann.

Dass die Autofahrt ins Büro und retour aus privaten Gründen 4mal jährlich aufgezeichnet wird und diese Aufnahme zufällig am heutigen Tag stattfand, als der Verkehrsunfall passierte und das Video als „Zufallsfund“ als Beweismittel verwendet werden soll, wird wohl schwierig zu argumentieren sein.

In der DSGVO gibt es keine (wie aus den §§ 50a ff DSG 2000 bekannten) speziellen Regelungen bezüglich Bilderverarbeitung bzw. Videoüberwachung. Die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung ist demnach nach den allgemeinen Erlaubnistatbeständen des Art 6 Abs 1 (bzw. nach Art 9 Abs 2 bei „sensiblen Daten“ oder Art 10 bei strafrechtlichen Daten und Daten über Straftaten) zu beurteilen.

Eine Verarbeitung von nicht-sensiblen personenbezogenen Daten ist iSd Art 6 Abs 1 immer dann zulässig, wenn

  • eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt ODER
  • die Datenverarbeitung zur Erfüllung eines Vertrags erforderlich ist ODER
  • die Datenverarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist ODER
  • die Datenverarbeitung erforderlich ist, um lebenswichtige Interessen des Betroffenen oder einer anderen natürlichen Person zu schützen ODER
  • die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt ODER
  • die Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen überwiegen.

Dashcams/Crashcams sollten vorwiegend zum Sammeln von Beweisen zur Feststellung der eigenen Unschuld bei Verkehrsunfällen eingesetzt werden. Aufgezeichnet werden dabei neben der Landschaft und der öffentlichen Fläche auch andere Verkehrsteilnehmer sowie KFZ mit Kennzeichen und Aufschriften. Als Rechtfertigung iSd Art 6 kommt bei nicht-sensiblen Daten hiermit nur der Tatbestand des „berechtigten Interesses“ nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO in Betracht.

Ob sich ein Verantwortlicher auf die Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses stützen kann, ist immer im Einzelfall zu prüfen und bedarf neben dem Vorliegen der Erforderlichkeit immer einer Interessenabwägung.

Spezialregelung im Datenschutzgesetz

Die DSGVO ermöglicht es den Mitgliedstaaten durch eine Öffnungsklausel die Bildverarbeitung speziell zu regeln.[4] Der österreichische Gesetzgeber hat hiervon Gebraucht gemacht und hat im 3. Abschnitt des Datenschutzgesetz (DSG) die Bildverarbeitung normiert. § 12 DSG erlaubt eine Bildverarbeitung immer dann, wenn

  • sie im lebenswichtigen Interesse einer Person erforderlich ist,
  • die betroffene Person zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat,
  • sie durch besondere gesetzliche Bestimmungen angeordnet oder erlaubt ist, oder
  • im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen und die Verhältnismäßigkeit gegeben ist.

Beim Einsatz von Dashcams/Crashcams kommt lediglich die Möglichkeit des überwiegenden berechtigten Interesses iSd § 12 Abs 2 Z 4 in Betracht.

Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass die DSGVO iSd Art 6 Abs 1 lit f lediglich „berechtigte Interessen“ verlangt und bereits bei einer Gleichwertigkeit der Interessen von Verantwortlichen und Betroffenen die Datenverarbeitung zulässt, wohingegen die Spezialregelung des § 12 DSG (sowie auch die Vorgängerbestimmung des § 8 Abs 1 Z 4 DSG 2000) ein Überwiegen der Interessen des Verantwortlichen erfordert.

Es ist somit eine Interessenabwägung durchzuführen, wobei § 12 Abs 3 DSG drei Alternativen auflistet, die eine Datenverarbeitung aufgrund eines überwiegenden berechtigten Interesses insbesondere dann erlauben, wenn

  1. sie dem vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen auf privaten Liegenschaften dient, die ausschließlich vom Verantwortlichen genutzt werden,
  2. sie für den vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen an öffentlichen zugänglichen Orten, die dem Hausrecht des Verantwortlichen unterliegen, aufgrund bereits erfolgter Rechtsverletzungen oder eines in der Natur des Ortes liegenden besonderen Gefährdungspotentials erforderlich sind, oder
  3. sie ein privates Dokumentationsinteresse verfolgt, das nicht auf die identifizierende Erfassung unbeteiligter Personen oder die gezielte Erfassung von Objekten, die sich zur mittelbaren Identifizierung solcher Personen eignen, gerichtet ist.

Die dritte Fallgruppe erlaubt die Bildverarbeitung dann, wenn ein Dokumentationsinteresse in Betracht kommt, das vornehmlich auf die Dokumentation des eigenen Verhaltens, des Verhaltens von einwilligenden Betroffenen oder von Örtlichkeiten abzielt. Sobald der Zweck aber primär auf die Gewinnung von Beweismitteln zur Rechtsverfolgung abzielt, liegt kein Anwendungsfall des § 12 Abs 3 Z 3 mehr vor.[5]

Diese Regelung erlaubt den Einsatz von Dashcams also gerade nicht. Ergänzend sei erwähnt, dass in Abs 4 jene Fälle aufgelistet werden, bei denen eine Bildverarbeitung jedenfalls unzulässig ist. Der Betrieb einer Dashcam/Crashcam fällt dabei nicht darunter. Es ist also zu prüfen, ob der Einsatz unter bestimmten Voraussetzungen  mittels Interessenabwägung zulässig ist.

Bei der Interessenabwägung ist dabei das Grundrecht auf Geheimhaltung (sofern ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresses besteht) einerseits und das dingliche Sachenrecht des „unschuldigen Verkehrsteilnehmers“ andererseits zu berücksichtigen.

Die Judikatur behandelte in der Vergangenheit Fälle von Dashcams, die dem Grundsatz der Datenminimierung nicht gerecht waren (Stichwort: SOS-Button). Fraglich ist allerdings, ob Crashcams, die in den letzten zwei Jahren eine große technologische Entwicklung erfahren haben, nicht mittlerweile den Grundsätzen der Datenverarbeitung entsprechen und nach den Regeln der DSGVO bwz. DSG zulässig sind.

Öffentlicher Raum vs. Privasphäre

Die Datenschutzbehörde erlaubt eine Bildverarbeitung des öffentlichen Raums in sehr eingeschränktem Ausmaß. So wird in § 12 Abs 3 Z 1 beim Einsatz von Videoüberwachungsanlagen auf privaten Liegenschaften die Einbeziehung unvermeidbaren öffentlicher Verkehrsflächen zur Zweckerreichung erlaubt. Die DSB toleriert unter Berufung auf die Erläuterungen zur DSG-Novelle 2010[6] eine Erstreckung privater Überwachungsaktivitäten bis auf 50cm in öffentlichen Grund.

Fraglich ist, ob diese Toleranzgrenze auch bei KFZ anwendbar ist. Vergleicht man nun den öffentlichen Raum, der über diese Toleranzgrenze hinausgeht bei Liegenschaften und KFZ, entsteht eine im Bild weiß eingezeichnete Toleranzfläche, deren Überwachung für die Zweckerreichung grds. zulässig sein sollte.

Bildquelle: Knyrim/Trieb, Dashcams und Crashcams, ZVR 2015/236, abrufbar unter https://www.kt.at/wp-content/uploads/2017/11/ZVR_2015-12-445-Gerald-Trieb.pdf

Wenn nun eine Dashcam auch eine Identifizierung darüber hinaus ermöglicht, wird sie aus oben genannten Gründen eben nicht zulässig sein.

Anders hingegen ist die Beurteilung bei Crashcams, die eine Identifizierung nur im unmittelbaren „Toleranzbereich“ erlauben.

Datenminimierung und Verhältnismäßigkeit

Der VwGH führte bereits 2016 aus, dass der Einsatz einer Dashcam bzw. Crashcam nicht schon deshalb verneint werden kann, weil es an einer rechtlichen Befugnis fehle. Die Unzulässigkeit ergab sich vielmehr damals daraus, dass der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz va. wegen dem SOS-Button, der jederzeit und anlasslos gedrückt werden kann, nicht verhältnismäßig war.

Geht man nun von einer Crashcam aus, die keine anlasslose Bildverarbeitung ermöglicht, sondern ausschließlich aufgrund eingebauter Sensoren eine Aufzeichnung startet (zB. bei abruptem Abbremsen oder bei starken Erschütterungen), ist zu prüfen, ob der Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz verhältnismäßig ist. Unerheblich ist für die Qualifizierung einer Verarbeitung personenbezogener Daten dabei der Umstand, ob es sich um eine Echtzeitüberwachung oder Aufzeichnung handelt, wenngleich die Echtzeitüberwachung nicht so stark in das Grundrecht eingreift.

Werden aufgrund eines Anlassfalls zeitlich begrenzte (zB. 30 Sekunden vor und 30 Sekunden nach dem auslösenden Ereignis) ausschließlich im „Toleranzfeld“ rund um die Privatsphäre erkennbare Aufnahmen gespeichert, ist mE. die Verhältnismäßigkeit gegeben und auch der Grundsatz der Datenminimierung soweit gewahrt.

Kennzeichnung

Bleibt noch die Frage nach der Kennzeichnung einer Bildaufnahme. Der Verantwortliche hat gem § 13 eine Bildaufnahme geeignet zu kennzeichnen und der Verantwortliche hat dabei eindeutig hervorzugehen, es sei denn, dieser ist den betroffenen Personen nach den Umständen des Falles bereits bekannt. Diese Kennzeichnung wirkt sich auch auf die Interessenabwägung aus (arg „Kann der Betroffene damit rechnen?“). Die Kennzeichnungspflicht entfällt nach § 13 Abs 6 lediglich bei sog. Freizeitkameras und bei verdeckten Ermittlungen. Entsprechend Abs 7 haben Betroffene das Recht Auskunft über die Identität des Verantwortlichen zu begehren.

Kein Beweisverwertungsverbot

Unabhängig von der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Crashcams können diese Aufnahmen vom Gericht als Beweismittel akzeptiert werden. So konnte beispielsweise vorm BG Hietzing die entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente nur aufgrund von Videos einer Crashcam festgestellt werden.[7]

Zusammenfassung

Sofern die Grundsätze der Datenverarbeitung iSd Art 5 DSGVO eingehalten werden und eine Interessenabwägung nach § 12 Abs 3 Z 4 DSG zugunsten des Verantwortlichen ausfällt, kann der Einsatz einer Crashcam mE. durchaus möglich sein. Das Vorliegen eines berechtigten Interesses muss dabei im Einzelfall unter Berücksichtigung der technischen Besonderheiten begründet und dokumentiert werden. Bereits geringe technische Unterscheidungen einer Crashcam können erhebliche Auswirkungen bei der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit bewirken.

Letztendlich kann festgehalten werden, dass auch Beweismittel die durch eine nicht-zulässige Crashcam gewonnen wurden vor Gericht verwertet werden können. Es liegt somit in der Entscheidung des Verantwortlichen, ob das Risiko einer unzulässigen Datenverarbeitung in Kauf genommen wird. Zumal die Datenschutzbehörde bei erstmaligen Verstößen gegen Datenschutzrecht iSd § 11 DSG insbesondere von ihren Abhilfebefugnissen insbesondere durch Verwarnung Gebrauch machen soll („Beraten statt Strafen“). Der viel kritisierte § 11 ist allerdings kein Freibrief – es können natürlich auch bei erstmaligen Verstößen bereits Bußgelder verhängt werden. So wurde bereits ein Verantwortlicher mit 300 EUR Bußgeld für den rechtswidrigen Einsatz einer Dashcam belangt.

Update 15.2.2023: Der Verlag für Rechtsjournalismus hat einen Ratgeber zum Thema „Dashcams als mögliche Beweismittel im Straßenverkehr“ herausgegeben. Hier finden Interessierte einen guten Überblick über die deutsche Auffassung zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Dashcams.


[1] Vgl Beschluss des Düsseldorfer Kreises am 25./26. 2. 2015 zur Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen; BVwG 30. 1. 2015.

[2] Vgl Jahnel, VwGH: „Dashcam“ grundsätzlich zulässig, JusIT 2016/106.

[3] Vgl Knyrim/Trieb in Dashcams und Crashcams, ZVR 2015/236.

[4] Art 6 Abs 2 und 3 iVm Art 23 DSGVO.

[5] Vgl Bresich/Dopplinger/Dörnhöfer/Kunnert/Riedl, DSG (2018) 145.

[6] RV 472 BlgNR 24. GP 18

[7] Vgl BG Hietzing 26.6.2013, 5 C 361/12d.

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