Dürfen Fotos noch ohne Einwilligung aufgenommen werden?

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Bei Fotos, auf denen Personen erkennbar sind, handelt es sich ohne Zweifel um eine Verarbeitung personenbezogener Daten. Die datenschutzrechtlichen Vorgaben – allen voran die DSGVO und das österreichische DSG – sind entsprechend anzuwenden.

Eine Verarbeitung personenbezogener Daten ist immer dann zulässig, wenn eine entsprechende Rechtsgrundlage iSd Art 6 DSGVO vorliegt. Die Einwilligung ist dabei nur eine von insgesamt sechs Alternativen, die eine Bildverarbeitung erlauben kann. Eine Verarbeitung ist beispielsweise auch dann möglich, wenn die Verarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist und sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen.[1]

Welche Kriterien für das Vorliegen eines berechtigten Interesses vorliegen müssen und nach welchem Prüfschema die einzelnen Voraussetzungen geprüft werden sollten, habe ich bereits in einem anderen Blog-Beitrag erörtert. Siehe dazu auch meinen Praxisleitfaden „Das berechtigte Interesse iSd Art 6 Abs 1 lit f DSGVO“

Besondere Regelungen im österreichischen DSG

Unabhängig von der Zulässigkeit nach der Datenschutz-Grundverordnung, regelt das österreichische DSG in den §§ 12, 13 die Bildverarbeitung als spezielle Datenverarbeitung und lässt eine Bildaufnahme insbesondere dann zu, wenn

  1. sie im lebenswichtigen Interesse einer Person erforderlich ist,
  2. die betroffene Person zur Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat,
  3. sie durch besondere gesetzliche Bestimmungen angeordnet oder erlaubt ist, oder
  4.  im Einzelfall überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten bestehen und die Verhältnismäßigkeit gegeben ist.

§ 12 Abs 2 Z 4 DSG erlaubt somit auch eine Bildaufnahme, wenn überwiegende berechtigte Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten vorliegen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im DSG ein Überwiegen der Interessen gefordert wird, während im Art 6 Abs 1 lit f DSGVO bereits die Gleichwertigkeit der Interessen eine Datenverarbeitung erlaubt.

Überwiegende berechtigte Interessen liegen iSd § 12 Abs 3 jedenfalls dann vor, wenn

  1. sie dem vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen auf privaten Liegenschaften […] dient […],
  2. sie für den vorbeugenden Schutz von Personen oder Sachen an öffentlich zugänglichen Orten […] erforderlich ist, oder
  3. sie ein privates Dokumentationsinteresse verfolgt, das nicht auf die identifizierende Erfassung unbeteiligter Personen oder die gezielte Erfassung von Objekten, die sich zur mittelbaren Identifizierung solcher Personen eignen, gerichtet ist.

Während Z 1 die Videoüberwachung des eigenen Grundstücks unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und Z 2 die Bild- und Videoaufnahmen zB. in Straßenbahnen, Zügen und auf öffentlichen Plätzen regelt, normiert Z 3 die Zulässigkeit von Fotoaufnahmen zu privaten Dokumentationsinteressen.

Bildverarbeitung zu privaten Dokumentationsinteressen

Während die Bildverarbeitung bei der privaten Hochzeitsfeier voraussichtlich durch die Haushaltsausnahme erst gar nicht den datenschutzrechtlichen Vorschriften unterliegt, sind Fotos bei öffentlichen Veranstaltungen in der Regel iSd § 12 Abs 3 Z 3 DSG zulässig, sofern die Voraussetzungen für die Begründung überwiegender berechtigter Interessen vorliegen (siehe analog Art 6 Abs 1 lit f DSGVO).

Es ist somit nicht zweckdienlich bei einem Bundesliga-Match alle Stadionbesucher um deren Einwilligung für die Übertragung im Fernsehen[2] zu bitten oder die Besucher eines öffentlichen Konzerts oder einer privaten Feier in der Wiener Stadthalle vorab eine Zustimmungserklärung unterzeichnen zu lassen, da die richtige Rechtsgrundlage voraussichtlich das (überwiegende) berechtigte Interesse sein wird. Ohne die Voraussetzungen im Detail zu behandeln, kann für die Zulässigkeit einer Bildaufnahme folgende Grundformel (nach österreichischem Recht) angewendet werden:

  1. Gibt es ein ausdrückliches Verbot? (§ 12 Abs 4 Z 1-3 DSG)
  2. Wenn nein, gibt es gesetzliche Bestimmungen, die eine Bildaufnahme erlauben oder werden dadurch private Dokumentationsinteressen verfolgt? (§ 12 Abs 2 Z 3, 4)
  3. Wenn private Dokumentationsinteressen verfolgt werden, fällt die Interessenabwägung zugunsten des Verantwortlichen aus? (§ 12 Abs 2 Z 4 DSG, § 78 UrhG, § 16 ABGB, Artt 8, 10 EMRK)

Zu unterscheiden ist dabei einerseits die Aufnahme der Fotos und andererseits deren Veröffentlichung. So kann beispielsweise eine Aufnahme auf der privaten Familienfeier aufgrund der Haushaltsaufnahme erst gar nicht den Regeln der DSGVO unterliegen, eine Veröffentlichung in Medien wird aber ggf. der jeweiligen Zustimmung bedürfen.

Recht am eigenen Bild

Neben den datenschutzrechtlichen Vorschriften ist auch noch § 78 UrhG „Recht am eigenen Bild“ zu berücksichtigen.

Demnach dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf eine andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Das Recht am eigenen Bild ist keine urheberrechtliche Norm, sondern statuiert vielmehr ein Persönlichkeitsrecht.[3]

Berechtigte Interessen des Abgebildeten seien immer dann verletzt, wenn

  • das Bildnis entstellend, entwürdigend oder bloßstellend wirkt
  • die Intimsphäre verletzt wird
  • das Foto für Werbezwecke verwendet wird
  • ein abträglicher Begleittext abgedruckt wird

Werden keine berechtigten Interessen des Abgebildeten verletzt, greift der Bildnisschutz des § 78 UrhG erst gar nicht ein.

 Zusammenfassung

Ja, in der Regel dürfen Fotos bei Veranstaltungen auch ohne Einwilligung der Betroffenen aufgenommen werden. Voraussetzung dafür ist aber das Vorliegen von überwiegenden berechtigten Interessen. Letztendlich muss der Betroffene immer in der Lage sein, der Bildverarbeitung zu widersprechen. Neben den Informationspflichten (Art 13 DSGVO, § 13 DSG) muss auch das Widerspruchsrecht berücksichtigt werden.

Ein freundliches Lächeln in die Kamera bei einem Einzel- oder Gruppenfoto kann bei entsprechender Information übrigens auch als konkludente Einwilligung gewertet werden.


[1] Vgl. Art 6 Abs 1 lit f DSGVO.

[2] Siehe diesbezüglich §9 DSG (Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit).

[3] Vgl Kodek in Kucsko, urheber.recht § 78 UrhG (Stand 1.12.2017, rdb.at).